Tatort Internet

11. October, 2010

Aus aktuellem Anlass mal ein Post auf Deutsch. Wie ihr vielleicht schon bemerkt habt, beschäftigen mich menschliche Grenzen und Grenzerfahrungen. In diesem Fall: Pädophile. RTL 2 hat zu diesem wichtigen Thema eine Sendereihe angefangen.

An diesem Beispiel kann man sehr schön sehen, warum man so etwas Experten überlassen sollte. arte hat vor einer Weile auch ein Special zu dem Thema gebracht. Der Unterschied: Bei arte hatte die Sendung einen Informationsgehalt. Nach der Sendung wusste man als betroffener (Opfer oder Täter), an wen man sich wenden kann.

RTL2 dagegen drückt fröhlich auf die Tränendrüse. Statt auf Information wird auf Manipulation gesetzt. Wenn mal eine Information zu sehen ist (z.B. mit welchen Tricks sich Pädosexuelle an ihre Opfer ranmachen), wird schnell ausgeblendet. Opfer sind keine zu sehen, auch wird verschwiegen was die Opfer so sehr traumatisiert. Täter werden lächerlich gemacht. Am besten fand ich heute den Satz “Auch dieser Mann geht weiter seiner Tätigkeit als Leiter eines Kinderdorfes nach.”

Klar, wenn man sein Beweismaterial nicht der Polizei übergibt, dann bleibt der Verbrecher weiter auf freiem Fuss.  Ich glaube ich muss mir überlegen RTL2 mal anzuzeigen. Da gibt es doch einen Tatbestand, wenn man Informationen über einen Täter zurückhält … wenn mir nur der Name einfallen würde.

Oder man könnte den Tätern zumindest einen Psychiater oder eine Einrichtung zur Behandlung nennen. Aber stattdessen steht die engagierte Journalistin (und Mutter) Beate Krafft-Schöning einfach auf und geht weg. Ist das schon Mittäterschaft? Beihilfe? Unterlassene Hilfeleistung?

Ich wusste, warum ich solche Leute keine Zensur im Internet aufbauen lassen wollte. Das ist, als würde man einen Pädosexuellen zum Leiter eines Kinderheims machen. Da hat doch das böse, böse Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung gekippt. Nur weil sie verfassungswidrig war! Ach, ist das ungerecht. Wir würden ja so gerne etwas tun, sind aber völlig hilflos. Böse Welt.

Wenn man zynisch wäre, könnte man sagen, dass die Sendung alles nur noch schlimmer macht: Opfer finden keine Hilfe, Täter verkriechen sich noch tiefer, schotten sich noch mehr ab.

Damit das hier aber nicht zu einem völlig wertlosen Rant wird, hier noch ein paar Links:

Opfer

Dein Vertrauen in andere Menschen wurde auf subtile oder brutale Weise gestört. Daran bist du nicht Schuld! Du musst mit jemand sprechen, hast aber niemand. Oder traust niemand mehr. Aber es gibt Hilfe: Geh zu einem Pfarrer, Arzt oder Psychologen. Alle unterliegen einer Schweigepflicht. Der Pfarrer kann dir wahrscheinlich nicht so viel helfen, wie der Psychologe, aber er kann dich erstmal auffangen und zuhören.

Oder such im Internet. Hier ein Verzeichnis von Organisationen, die sich auf Opferhilfe spezialisiert haben: Kindesmissbrauch im Google Verzeichnis.

Tu was. Es ist dein Leben. Rache muss nicht sein, aber lass Dir helfen, damit du an den Folgen nicht kaputt gehst.

Täter

Jeder geheilte Täter = weniger Opfer. Und die Täter leiden ebenfalls; anders, ja, aber sie leiden. So lange niemand weiss, wie sexuelle Präferenzen entstehen, ist es zu früh mit dem Finger auf jemand oder etwas zu zeigen.

Guter Einstiegspunkt: Kein-Täter-Werden.de oder der Psychiater ihres Vertrauens. Werden Sie aktiv; setzen Sie ihrem Leid ein Ende, indem sie es überwinden. Man kann mit dieser sexuellen Neigung leben; die meisten Pädophilen machen genau das. Wie viele es genau sind, ist unbekannt. Nur, weil einen der Anblick eines Kindes erregt, heisst das nicht, dass man zum Täter/Täterin werden muss. Aber diese Emotion ist auch extrem stark (zweitmächtigster Treib nach “Essen”). Daher wächst die Gefahr mit der Zeit. Darum: Rechtzeitig handeln.

Zeuge

Du wurdest Zeuge oder vermutest Missbrauch? Knifflig. Allein schon die Andeutung von Missbrauch kann das Leben eines Menschen zerstören. Also: Hirn einschalten und Gefühle erstmal ruhen lassen.

Beim vermuteten Täter/Täterin mal eine Bemerkung fallen lassen. Pädophile sind meist ängstlich, man braucht also keine Angst vor Gewalt zu haben. Sachlich bleiben. Zum Nachdenken anregen. Wenn der Verdacht zutrifft, dann kann das schon reichen, um sich Hilfe zu holen.

Wenn es keine Vermutung mehr ist: Polizei einschalten. Aus folgenden Gründen: 1. ist es deren Aufgabe die Situation angemessen zu behandeln. 2. macht man sich strafbar, wenn man solche Informationen zurückhält. 3. sind Opfer und Täter in einer engen Beziehung verstrickt – es braucht einen Einfluss von Aussen, um das zu beenden. Opfer schämen sich bzw. werden von Täter manipuliert zu schweigen; Täter wären schön blöd, wenn sie nicht die Klappe halten würden.

Also: Auch wenn es schwer fällt: eingreifen. Es lohnt sich.

PS: Gerade hat RTL2 noch kurz einen Link für Opfer eingeblendet! Falls ihr ihn verpasst habt: www.save-me-online.de


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